Kommentar: Polizeiliches Prisenkommando entert Piratenserver

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Die Beschlagnahme der Server der Piratenpartei war vollkommen unverhältnismäßig und widerspricht rechtstaatlichen Prinzipien. Ob nur ein paar übereifrige Beamte deutscher Sicherheitsbehörden hier überreagiert haben oder ob die Verantwortlichen tatsächlich aus einem Ressentiment gegenüber einer ihnen suspekt erscheinenden Partei gehandelt haben, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig geklärt werden.

 

Fest steht jedenfalls, dass die gesamte informationstechnische Infrastruktur und der Kommunikationsapparat einer Partei zwei Tage vor den Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft behördlicherseits lahm gelegt wurden. Fest steht weiterhin, dass Beamte der Sicherheitsbehörden nicht nur Dateien des in Frage stehenden „Piratenpads“ analysiert haben, sondern sich auch Zugriff auf Mitgliederdaten, strategische Konzepte und andere Dokumente einer politischen Partei verschafft haben.

 

Um zu ermitteln, ob tatsächlich SSH-Keys und Anleitungen zur Durchführung einer verteilten Denial-of-Service-Attacke über das „Piratenpad“ verteilt wurden und ob hier in einem strafrechtlich relevanten Sinn zu einer Hacking-Attacke aufgerufen oder solch eine Attacke vorbereitet wurde, hätte die forensische Untersuchung derjenigen Serverbereiche, auf denen das Piratenpad gehosted wird, vollkommen ausgereicht. Die Sicherheitsbehörden haben aber die gesamte IT-Infrastruktur der Piratenpartei beschlagnahmt und nach dem jetzigen Stand der Informationen auch auf Dateien zugegriffen, die mit dem Piratenpad in keinerlei Zusammenhang stehen.

 

Genau das ist nicht akzeptabel. Deshalb müssen wir ausgesprochen wachsam sein, damit sich aus dem polizeilichen Prisenkommando, das da in Offenbach die Server der Piratenpartei geentert hat, keine politische Polizei entwickelt. Verschiedene Innenminister unterschiedlicher parteipolitischer Coleur haben von solch einer politischen Polizei in der Vergangenheit immer mal wieder geträumt. Realisiert haben sie eine vom Grundgesetz in keiner Weise gedeckte Zusammenarbeit von Nachrichtendiensten, wie dem Verfassungsschutz, und polizeilichen Dienststellen.

 

Schon das war gefährlich und ist von den Verfassungspatrioten in unserem Land kritisiert und politisch bekämpft worden. Was jetzt in Offenbach passiert ist, ist noch gefährlicher.

 

Hier wurde die rote Linie von bedenklicher politischer Einseitigkeit einer Justizbehörde zur politischen Justiz überschritten. Das muss alle Demokraten und rechtstaatlich Gesinnten in dieser Republik in Alarmbereitschaft versetzen. In Offenbach haben sich Justiz und Polizei einen entscheidenden Schritt von der Wertewelt des Grundgesetzes entfernt. Sie müssen diesen Schritt schnell zurückgehen, sonst droht Gefahr. Eine Entschuldigung für die unverhältnismäßigen polizeilichen Maßnahmen wäre ein richtiges und gutes Zeichen.

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Kommentare: 3
  • #1

    rhein main (Sonntag, 22 Mai 2011 02:04)

    In Deutschland können offenbar die Kommunikationseinrichtungen einer demokratischen Partei ohne Rücksicht auf die rechtliche Situation und in einer verfassungswidrigen Weise einfach abgeschaltet werden", sagte der Vorsitzende der Piratenpartei Sebastian Nerz. Dem kann man nur zustimmen. Aus einer Mücke wird ein Elefant gemacht. Ich finde diese Aktion auch unverhältnismässig.

  • #2

    Stuttgarter (Sonntag, 22 Mai 2011 11:29)

    Dazu passt ja, dass der CSU-Innenminister gerade mal wieder stärkere Cyberüberwachung fordert um zu verhindern, dass die virtuelle Bombe hochgeht. Piratenpads sind für ihn wahrscheinlich mindestens so schlimm wie virtuelle Bomben.

  • #3

    Gucky (Sonntag, 22 Mai 2011 16:22)

    Zwar bin ich kein Piratenparteimitglied. Aber ich finde diese Aktion im Hinblick auf die Freiheit des Internet äußerst bedenklich.
    Und ich finde, eine Entschuldigung sind nur so dahingesprochene Worte.
    Es müßte mehr passieren !

Was kann ein Comiccast?