Karlsruher Erklärung zum Urheberrecht

Am 11. Juni 2016 hat der Gewerkschaftstag des Deutschen Journalisten-Verbandes Baden-Württemberg die "Karlsruher Erklärung zum Urheberrecht" verabschiedet. Sie ist ein wichtiger Schritt, um endlich aus der Blockadehaltung herauszukommen, die einen in digitalen Zeiten nicht mehr vorhandenen weitreichenden Interessengegensatz zwischen Nutzern und Urhebern konstruiert. Sie zeigt gleichzeitig eine Perspektive aut, die die Stellung der Urheber verbessert werden kann und dabei den Verwertern ermöglicht wird, die Werke der Urheber fair und kosteneffizient zu nutzen.

Der Entwurf zu dieser Erklärung ist hier eingestellt und diskutiert worden. Danke an alle, die sich an dieser Diskussion beteiligt haben. Ihr habt es möglich gemahct, dass dieser erste Schritt hin zu einem vom Immaterialgüterrecht abgeleiteten Urheberrecht möglich geworden ist.

 

 

 

 

 

Die Karlsruher Erklärung zum Urheberrecht

 

 

 

 

 

Wir brauchen ein zeitgemäßes Urheberecht, das den Erfordernissen zunehmender digitaler Nutzung gerecht wird, aber gleichzeitig die prekäre Situation zahlreicher Urheber beseitigt. Deshalb fordern wir ein Urheberrecht, das die Stellung und Situation der Urheber verbessert, dem Wert ihrer Werke gerecht wird und den Verwertern ermöglicht, die Werke umfangreich und kosteneffizient zu nutzen.

 

 

 

 

 

Begründung:

 

 

 

Das Urheberrecht ist während der vergangenen zwölf Monate massiv verändert worden. Immer zum schlechteren für die Urheber. So verabschiedete das Europäische Parlament im Sommer 2015 eine Neufassung der Urheberechtslinie, die das fortschrittlichste Dokument der EU in Urheberrechtsfragen hätte werden können. Doch 550 Änderungsanträge haben nicht mehr viel vom ursprünglichen Vorhaben übrig gelassen, ein modernes europäisches Urheber­recht auf den Weg zu bringen.

 

 

 

Die Forderung nach einer Stärkung von Urhebern gegenüber Verwertern ist bis zur Unkennt­lichkeit verwässert. Auch die Diskussion über eine Angleichung von digitaler und analoger Nutzung, lässt nichts Gutes erwarten. So dürfen Verbraucher und Bibliotheken E-Books nicht so nutzen wie Bücher aus Papier. Ein gekauftes E-Book darf nicht verschenkt werden. Das bei analogen Büchern übliche Kopieren und Scannen von Buchauszügen ist bei E-Books bisher untersagt.

 

 

 

Im Frühjahr nun wurde das deutsche Urheberrechtsgesetz reformiert. Wieder zum Nachteil der Urheber, denen sogar ein wirksames Auskunftsrecht über die mit ihrem Werk erzielten Einnahmen verweigert wurde. Lächerliche Pauschalen für ein Total Buy-out des Werkes werden durch die neue Gesetzgebung legitimiert.

 

 

 

Natürlich hinterlässt der Spardruck in den Medienhäusern seine Spuren. Die Folge: Das Ein­kommen der Urheber sinkt bedrohlich. Die geleistete Arbeit von Urhebern und das einzelne Werk verlieren massiv an Wert. Dieser Entwicklung stellen wir uns entgegen.

 

 

 

Neue Rechteeinräumungen müssen dem Prinzip der Skalierung und des Mengenrabattes folgen. Gleichzeitig muss das Einkommen der Urheber mit neuen Tarifregelungen verbessert werden. Um das erreichen zu können, müssen viele gordische Knoten zerschlagen werden.

 

Dabei kann eine Orientierung am sog. Immaterialgüterrecht helfen, das heißt, eigentums­rechtliche und vermögensrechtliche Komponenten des Urheberrechts werden getrennt. Das würde Skalierungseffekte, Mengenrabatte und sogar pauschale Abgeltungen erlauben, die aber durch eine gleichzeitige Stärkung der individuellen Schutzrechte des Urhebers eine wesentliche bessere wirtschaft­liche Absicherung vorsehen könnten.

 

Auch die Problematik von Remix und Kopie lässt sich mit dem Immaterialgüterrecht besser lösen. Eine Kopie wird rein vermögensrechtlich gelöst. Wer eine Gebühr an den Urheber zahlt, darf kopieren. Dabei kann für die (digitale) Vervielfältigung durchaus auch ein Modell pauschaler Abgeltung greifen. Damit wären dann auch die Verwertungsgesellschaften bedient. Wichtig dabei ist, dass für jede Vervielfältigung angemessen bezahlt wird.

 

Anders bei einem Remix. Dabei wird ein Bild, Text oder eine Musik in eine anderes Werk eingearbeitet. Das kann man sich vorstellen wie ein sehr langes Zitat. Hier kann der Urheber von vornherein – persönlichkeitsrechtlich begründete – Schranken festlegen, die auch durch vermögensrechtliche Lösungen nicht unterlaufen werden können. Der Urheber kann zum Bei­spiel festlegen, dass ein Remix nur innerhalb bestimmter weltanschaulicher oder religiöser Grenzen zulässig ist. Er kann eine Weiterverwertung im Remix bei Werken mit einer bestimmten ideologischen Ausrichtung verbieten oder sogar eine Wiederverwertungsrichtung in nur einer bestimmten weltanschaulichen Richtung als von ihm genehmigt festlegen. Inner­halb dieser Schranken ist ein Remix in persönlichkeitsrechtlicher Hinsicht möglich.

 

Unabhängig davon sind die eigentumsrechtlichen Voraussetzungen bei der Remix-Nutzung eines Immaterialrechtsgutes zu beachten. Auch bei einem Remix kann also eine Lizenz- oder Nutzungsgebühr anfallen.

 

Wir fordern die Politik auf, gemeinsam mit den Urhebern auf dieser Grundlage ein modernes Urheberrecht zu entwickeln, das den Anforderungen digitaler Nutzung gerecht wird. Wir fordern die Verwerter auf, mit den Urhebern auf dieser Grundlage Urhebertarifverträge abzu­schließen, die dem Wert der Werke entsprechen und eine kosteneffiziente Verwertung erlauben.

 

Mit dieser Erklärung zum Urheberrecht haben wir Journalisten einen Anfang gemacht, Politiker und Verwerter sollten mit uns und gemeinsam mit allen Urhebern faire Urheber­rechtsregelungen entwickeln.

 

 

 

 

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