Fake News sind üblich im Kampf um die Macht

Auszug aus meinem Vortrag: Duell der Algorithmen: Fake News, Social Bots & Co

 

 

 

Abstract: Fake News sind uralt, also keine leicht vergängliche Bedrohung für unsere Demokratie, sondern eine ständige. Der Hype um die Fake News aber wird verschwinden, und das ist auch gut. Wie schnell und umfassend Fake News im politischen Kampf eingesetzt werden, macht das Beispiel eines honorigen Justitiars deutlich. Und es macht deutlich, warum Journalisten in Sachen Fake News mitunter nur bedingt abwehrbereit sind.

 

 

 

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hält sie für systemgefährdend. Den Kampf gegen Fake News sieht er als wichtige Aufgabe seiner Schlapphüte und fordert mal schnell mehr Geld und Planstellen dafür. Die ARD schickt dafür ihre Journalisten auf das Online-Portal „Faktenfinder“, damit sie Propagandameldungen von den Tatsachenbehauptungen scheiden können. Mit „ZDFcheck17“ soll aus den bisher sauber recherchierenden Aktuell-Kollegen, die mit dem Zweiten auch in der Vergangenheit in forensischer Hinsicht oftmals besser sahen, eine Anti-Fake-News-Task-Force werden. Facebook hat Verlage angebettelt, sie mögen ihnen doch ein paar Redakteure als Fake-News-Spürnasen überlassen. Und das in Recherchefragen in der Vergangenheit zwar laut auftretende, aber in den Ergebnissen nicht immer ganz treffsichere Journalistenbüro Correctiv sieht eurostarke Zeiten auf sich zukommen, weil sie inzwischen gelernt haben, die Worte „investigativ“ und „Fake News“ in korrekter Rechtschreibung darzubieten.

 

Fake News beschäftigen also gerade den medialen Betrieb mindestens so stark wie die politischen Netzwerke. Wahlweise werden dann schärfere Gesetze gegen Fake News, die Einrichtung eines Wahrheitsministeriums oder zumindest die Einrichtung privater Zensurorganisationen möglichst mit Zertifizierung für irgendwas gefordert. Für den einen oder anderen Bindestrich-Publizisten soll zumindest eine gut bezahlte gutachterliche Tätigkeit dabei herausspringen.

 

Der Kampf um die Lufthoheit über die Fake News wird so schrill geführt, dass dabei eine schlichte Tatsache einfach vergessen wird: Fake News sind ein übliches Mittel der Herrschaftsabsicherung. Deshalb ist die Produktion und Distribution von Fake News seit gut 2000 Jahren etabliert. Die Sophisten zum Beispiel haben durchaus gutes Geld damit verdient.

 

Allerdings sind die technischen Mittel für die Produktion und Verteilung von Fake News effizienter geworden. Schauen wir uns doch mal so einen honorigen Fake-News-Produzenten an. Am 26. November 2014 schreibt Benno Pöppelmann, Justitiar des DJV-Bundesverbandes, eine in Sachen Fake News zunächst einmal unverdächtige Journalistenorganisation, einen Beitrag in das Diskussionsforum meiner Webpräsenz. Es „ist im DJV-Gesamtvorstand Ihre Ankündigung, ‚zu zeigen, wie man ein Digivote-System hackt?‘, also das System zu hacken, diskutiert und von den meisten Gesamtvorstandmitgliedern nachdrücklich missbilligt worden“ Damit hat der bräsig-sympathische Jurist eine veritable Fake News nach aktuellem State oft the Art verfertigt und in technisch effizienter Weise distribuiert.

 

Wir können daran gleich zwei Kriterien für eine erfolgreiche Fake-News-Kampagne exemplarisch erkennen. 1: Eine erfolgreiche Fake News braucht einen wahren Kern. 2: Der Absender einer Fake News muss einen soliden und honorigen Eindruck erzeugen.

 

Einen wahren Kern hat diese Fake News. Denn ich hatte Mitte Oktober 2014 im Vorfeld des DJV-Bundesverbandstages den geplanten Einsatz von Wahlcomputern bei Personalwahlen kritisiert und via Twitter Mitstreiter gesucht, um zu zeigen, wie einfach man das Digivote genannte Wahlcomputersystem hacken kann. In der Sicherheitsforschung wird das „Proof of Concept“ genannt. Es meldeten sich zahlreiche Mitstreiter, und wir konnten nicht nur einige Sicherheitslücken benennen, sondern auch den mathematisch abgesicherten Nachweis führen, dass das geplante Wahlcomputersystem gehackt werden kann. In einem mehrseitigen Brief wurden die Ergebnisse zusammengefasst und an den damaligen Bundesvorsitzenden des DJV gemailt. Wir haben mit dieser Mail also gezeigt, wie man diesen Wahlcomputer hackt.

 

Was macht nun der honorige Jurist Pöppelmann daraus? Eine Fake News klar, sonst hätte ich dieses Beispiel nicht gewählt. Und dabei wird deutlich, wie die Manipulationstechnik aussieht, mit der aus wahren Kernaussagen Fake News werden. Aus der „Ankündigung, zu zeigen, wie man ein Wahlcomputersystem hackt“ wird die Fake News einer Ankündigung, das konkret eingesetzte Wahlcomputersystem zu hacken. Mit dieser Manipulationstechnik arbeiten alle Fake-News-Produzenten. Und sie wissen: Eine erfolgreiche Fake-news braucht einen wahren Kern. Nur wenn die Fake News einen wahren Kern hat, kann sie als Propagandamittel erfolgreich eingesetzt werden. Ohne wahren Kern verliert sie einen großen Teil ihrer Überzeugungskraft. Daraus wird ersichtlich, dass Fake News eben ein ganz gewöhnliches Instrument im psychologischen Polit-Krieg sind, selbst in jedem Kaninchenzüchterverein oder eben in einem Journalistenverband. Wenn die Fake News dann noch von einem veritablen Absender möglichst zielgruppengerecht auf sozialen Plattformen in Umlauf gebracht wird, kann sie so richtig Wirkung entfalten.

 

Was lernen wir daraus:

 

1: Fake News sind alt, und zwar nicht nur drei Jahre alt, wie die in meinem Beispiel gewählte Fake News, sondern uralt.

 

2: Fake News sind ein übliches Mittel zur Herrschaftsabsicherung und sind zu einem Standardmittel im Kampf um die Macht geworden.

 

3: Auch einige Journalisten und Funktionäre ihrer beruflichen Organisationen bedienen sich solcher Fake News im täglichen Meinungskampf, weshalb sich ein (allerdings recht kleiner) Teil innerhalb des medialen Systems (im Sinne Luhmanns) von der Wächterfunktion verabschiedet hat. Wer selbst mit Fake News arbeitet, hat konsequenterweise ein Problem, sie zu bekämpfen.

 

4: Fake-Methoden und die Methoden der propagandistischen Umsetzung sind durch Softwarewerkzeuge in der Herstellung und durch zielgruppengerecht arbeitende Soziale Medienplattformen (bis hin zum Diskussionsforum des Blogs eines einzelnen Journalisten) hochgradig effizient geworden.

 

5: Immer weniger Menschen sind in der Lage, Fake News als gefälschte Nachrichten zu erkennen.

 

Ich ziehe vier Forderungen aus diesen fünf Einsichten:

 

1.       Überlassen Sie nicht uns Journalisten das Aufdecken von Fake News. Hier ist jeder Bürger gefordert.

 

2.       Vergessen Sie das ganze Bullshit-Bingo-Medientheater, das rund um die Fake News veranstaltet wird, und machen Sie das, was Sie auch bisher (hoffentlich) gemacht haben: Stellen Sie kritische Fragen!

 

3.       Fordern Sie von uns Journalisten Rechenschaft darüber, wie wir eine bestimmte Geschichte oder Nachrichten recherchiert haben, und prüfen Sie diese Angaben kritisch.

 

4.       Helfen Sie mit, dass die Kritikmethoden im öffentlichen Diskurs auch weiterhin stattfinden.

 

 

 

Und denken Sie daran, Fake News sind im digitalen politischen Direktmarketing nur ein Baustein. Propaganda-Roboter, Inferenzanalysen und Cyberangriffe kommen hinzu.

 

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