G20-Akkreditierungspannen und die Überwachungsdateien des Bundes

32 Journalisten sind vor einer Woche am Eröffnungstag des G-20-Gipfels von der Berichterstattung ausgeschlossen worden. Neun Journalisten wurden die Akkreditierungen von Polizisten abgenommen.

 

Die Gründe dafür: Namensverwechslungen, technisch falsche Einträge in Sicherheitsdateien und methodische Fehler bei der Verknüpfung von weitgehend unüberprüften Informationen mit sensiblen persönlichen Daten.

 

Auf dem G-20-Gipfel in Hamburg hat sich eines deutlich gezeigt: Die Überwachungsdateien der Sicherheitsbehörden sind in technischer Hinsicht ein Stück weit außer Kontrolle geraten.

 

Unsere Recherchen haben dabei ergeben: Von der Zentraldatei "PMK-Links-Z über die Vorsorgdateien des BKA mit Prüffällen bis hin zu den Antiterrordateien der Verfassungschützer liefern

 

Sicherheitsdateien falsche Ergebnisse bei Überprüfungsabfragen, weil bei der Dateiführung teilweise geschlampt wird, teilweise unklare sicherheitspolitische Vorgaben zu technischen zweideutigen Dateieinträgen und -verknüpfungen führen. Und so ist dann auch schon mal ein Journalist in der Straftäterdatei Linksextremismus gelandet, weil er von der friedlichen Demonstration gegen Castor-Transporte berichtet hat.

 

Natürlich habe ich im Vorfeld der Berichterstattung auch das Bundesministerium des Inneren mit unseren Recherergebnissen konfrontiert und um Kommentar gebeten. Für ein interveiw stand dort niemand zur Verfügung. Allgemein wurde mir mitgeteilt, der Herr minister schätze diese Art der Berichterstattung nicht. Ich habe dann noch einen Fragenkatalog an die BMI-Pressestelle geschickt.

 

Lapidare Antwort nach mehreren Tagen Bearbeitungsdauer. "Leider liegen diese Informationen im BMI nicht vor."

 

Allmählich mache ich mir Sorgen!

 

 

 

Hier unser Fragenkatalog an das Bundesministerium des Inneren:

 

 

Generell habe ich hinsichtlich der Dateiabfragen bei den Sicherheitsbehörden auf Bundesebene folgende Fragen:

1.      Bei Akkreditierungsersuchen werden die Angaben des Journalisten mit Dateien der Polizeien des Bundes und der Länder, dem BfV und dem BND abgeglichen. Das BKA speichert nun sog Prüffälle in Vorsorgedateien. Hierbei werden auch Daten von Personen gespeichert, gegen die rechtlich keine Negativprognose gestellt werden kann. Kann das BMI ausschließen, dass davon auch Journalisten betroffen sind?

2.      Es werden auch beim BKA sog. ermittlungsunterstützende Hinweise in Verdachtsfällen gespeichert. Inwieweit werden diese bei Abfragen in Akkreditierungsangelegenheiten als Speicherdatum ausgesondert bzw. herausgefiltert?

3.      Die Datei @rtus-bund der Bundespolizei für die Vorgangsbearbeitung und das System b-case als Fallbearbeitungssystem werden bei Sicherheitsabragen ja ebenfalls einbezogen. Bedeutete dies, dass auch eine zum Beispiel wegen Fahrtkartenbetrugs dort geführte Person bei einer Akkreditierungsabfrage zum Beispiel als "Sicherheitsrisiko" eingestuft würde?

4.      Das BKA legt Kriminalakten auch an, um konkrete Anfragen aus dem Ausland zu bearbeiten. Inwieweit ist dieser Bestand akkreditierungsrelevant?

5.      Grunddaten in Kriminalakten sind: Name, Geburtsdatum, Tatzeit, Tatort, Tatvorwurf, bei einer sog Negativprognose auch Tatsachen, warum Grund zu der Annahme ist, dass künftig ein Strafverfahren gegen den Verdächtigen geführt werden könnte. Die BfDI bemängelt nun in Ihrem Tätigkeitsbericht 2013/2014 auf Seite 90, dass Tatsachen für eine Negativprognose in Kriminalakten häufig nicht geführt wurden. So stellt sich die Frage: Reicht die Einschätzung eines Sachbearbeiters für einen entsprechenden Dateieintrag in einem solchen Fall?


6.      Auch die Speicherung von Kontakt- und Begleitpersonen ohne Aktenrückhalt wird von der BfDI in ihrem Tätigkeitsbericht auf Seite 93 bemängelt. Ist ein solches Datum akkreditierungsrelevant?


7.      Das BfV hat wiederholt Daten von Personen gespeichert, die auf friedlichen Demos waren. Die BfDI bemängelt auf Seite 96 ihres Tätigkeitsberichts 2013/14, dass diese Personen gespeichert wurden. Das BMI hat in seiner Stellungnahme zum Bericht der BfDI "gleichwohl einen Zusammenhang zwischen Kernkraftgegnern und Linksextremismus hergestellt. Es folgert aus der Teilnahme an einer solchen Demonstration, dass die Nutzung der Kernkraft als Ausdruck des menschenverachtenden kapitalistischen Systems kritisiert werde und dementsprechend Kernkraftgegner dieses kapitalistische System überwinden wollten". Tätigkeitsbericht 2013/14 S. 97
           

 

 Hält das BMI an dieser Ausage fest?

8.      Mit welcher Software werden auf Basis der Zentraldatei PMK-links-Z Verknüofungen und Inferenzanalysen hergestellt? Welche Versionen von Graphdatenbanken kommen hier zum Einsatz?

9.      Welche Erkenntnisse aus der Open Source Intelligence von BfV und BND fließen in die Beantwortung von Akkreditierungsersuchen ein und wie verhält es sich mit der Quellenkritik in diesem Zusammenhang?

 

 

Ende des Fragenkatalogs.

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