Der parteipolitisch organisierte Liberalismus in Deutschland ist am Ende. Von 2009 bis 2013 hatte sich die FDP zu einem weitegehend inhaltsleeren und kompetenzfreien Verein zur Beschaffung von hochdotierten politischen Positionen entwickelt. Bereits damals war das politische Personal der FDP unter Philipp Rösler mit der Aufgabe, einen Beitrag für die politischen Probleme aus liberaler Sicht zu leisten, intellektuell völlig überfordert.
Diese intellektuelle Überforderung hatte und hat ihre Ursache darin, dass werthaltige und richtige Forderungen des Liberalismus vom Führungspersonal der FDP nicht mehr aus den geistigen Grundlagen des politischen Liberalismus abgeleitet werden können.
Statt um liberale Inhalte ging es 2013 um Personaldebatten. In vielen Führungsgremien und bei vielen Führungskräften auf Landes-und Bundesebene konnte politisches Handeln aus dem geistigen Wurzeln des wertgebundenen politischen Liberalismus überhaupt nicht mehr erkannt werden.
Christian Lindner hat das geändert. Seine Antwort auf die Frage nach dem politischen Beitrag der Liberalen lautet: Ich!
Die Umsetzung der Freiheitsidee für alle Bereiche unserer Gesellschaft ist bei Lindner zur Inszenierung seines Ego in der Ästhetik eines minimalistischen Existenzialismus verkommen, ohne auf die Grundlagen dieses Minimalismus zu reflektieren. Und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit liberalen Konzepten für eine verantwortete Sozial- und Wirtschaftspolitik ist bei Lindner & Co nicht einmal mehr in Ansätzen erkennbar.
Aus dem ethischen pragmatischen Imperativ der Liberalen hat Lindner die für egozentrische Echokammern taugliche Botschaft gemacht: Ich!
Unter Lindner rutscht die FDP immer weiter in die rechtspopulistische Ecke nationalliberaler Rattenfänger. Dahinter steckt allerdings keine politische Überlegung, sondern die schlichte Überzeugung, dass in den rechtspopulistischen Echokammern die Lindnersche Ich-Botschaft besonders hübsch reflektiert wird.
Wir sind auf dem Weg in eine Republik ohne Republikaner und ohne Demokraten. Wir sind auf dem Weg in die Überwachungsgesellschaft. Teile der staatlichen Machtapparate wie zum Beispiel die Sicherheitsdateien des Bundes sind völlig außer Kontrolle geraten.
Die Antwort der Lindner-Partei auf diese Herausforderungen lautet: Ich!
Lindner greift damit das in unserer Gesellschaft verbreitete Bedürfnis nach narzisstischer Nabelschau auf und gibt diesem Bedürfnis sogar einen minimalistischen ästhetischen Rahmen.
Von einem wertgebundenem politischen Liberalismus ist das Lichtjahre entfernt.
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