Ankunft

Ich habe heute an meinem Hauptkapitel der "Kultur der Endlichkeit", dem Profanierungskapitel, ein wenig weitergearbeitet. Dabei kam ich dann in einer Skizze, die ich anfertigte, auf Edward Schillebeeckx Buch „Menschen. Die Geschichte von Gott“. Aber ich blieb nicht lange bei der Verwobenheit von Profangeschichte mit Heils- und Offenbarungsgeschichte.

 

Eine andere Frage, ein zunächst anderer Aspekt zog mich in seinen Bann. Schillebeeckx geht von unseren geschichtlichen Kontrasterfahrungen aus. Er schildert die Empörung, die daraus geboren wird. Die Weigerung des Menschen, sich mit Unrecht, dem Bösen, der Sinnlosigkeit abzufinden führt ihn zu einer Ethik gewonnen aus Kontrasterfahrungen. Sie enthüllt eine Offenheit auf an andere Situation hin, auf das Bessere hin.

 

Und dann elektrisierte mich diese Stelle: „Gläubige Menschen sehen in der Geschichte der menschlichen Befreiung das Antlitz Gottes. Ungläubige tun das nicht, aber auf der Ebene menschlicher Befreiung (dem Material der Offenbarung Gottes) können sowohl Gläubige als auch Ungläubige über diesen Prozess reden, und zwar in einer gemeinsamen Sprache.“ (29f.)

 

 

 

Das ist ein Ansatz für einen Dialog über den Sinn geschichtlicher Prozesse. Dieser menschliche Sinn kann für Schillebeeckx dann zum Material der Offenbarung werden. Er kann dazu werden, er wird dies nicht apriori. Diese Zurückhaltung erlaubt es, Geschichte als profane Geschichte ernst zu nehmen.

 

Die „prekäre Menschengeschichte“ ist der Ausgangspunkt für den Theologen Schillebeeckx. Und wer bei dieser prekären Menschengeschichte bleibt, in ihr Sinn stiften will, die Verhältnisse bessern will, mit dem will er über menschliche Befreiung reden, ohne dass sein Gesprächspartner diesen Befreiungsprozess als Offenbarungsgeschehen anerkennen muss. Nur will Schillebeeckx in diesem Dialog nicht verschweigen, dass ihm, dem Dominikaner dieser Prozess als Offenbarungsgeschehen sich erschließt. Das ist eine angenehme Zurückhaltung, die diesen Dialog erst ermöglicht und gleichzeitig die aus der Kontrasterfahrung geborene Frage nach der Sinnhaftigkeit ernst nimmt.

 

 

 

Schillebeeckx formuliert dann ein denkerisches Angebot: „Jesu Tod war ein Leiden durch und für andere als unbedingte Geltung einer Praxis des Gutestuns und des Widerstandes gegen das Böse und das Leiden“ (161). Alle Menschen, die guten Willens sind, machen da mit, und zwar auf der Ebene profaner Geschichte und ihrer Gestaltung.

 

Und das reicht Schillebeeckx unter der Voraussetzung, dass er hinzufügen darf: „Gott ist auch dort im menschlichen Leben anwesend, wo er nach menschlicher Auffassung abwesend ist“ (167). Aber das ist eben die Ergänzung von Edward Schillebeeckx. Eine grandios zurückhaltende Formulierung, die für uns, die wir an der "Gebrochenheit dieser Welt leiden“, nachvollziehbar ist. Sie wird aber nicht oktroyiert.

 

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