Journalisten müssen von Wikileaks lernen

 

Über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird heftig diskutiert. Wie Qualität im Journalismus künftig noch finanziert und realisiert werden kann, ist ein weiteres Thema, das auf der politischen Agenda ganz oben steht. Jetzt melden sich in dieser Debatte auch Hacker und Netzaktivisten zu Wort. Und sie haben erstaunliche Vorschläge.

 

 

Journalisten sollen berichten, was ist. Und sie sollen vorurteilsfrei aufklären, damit der Bürger sich seine eigene Meinung bilden kann – auf der Grundlage gut recherchierter Berichte und deren Informationen. An wirklich sensible Sachverhalte und Geschichten kommen Journalisten aber in der Regel nur über Informanten, über Whistleblower.

 

 

Die Panama Papers, viele Überwachungsskandale nicht nur der National Security Agency oder die amerikanischen Botschaftsdepeschen sind da gute Beispiele. Häufig kommen vertrauliche Dokumente und andere Unterlagen über Enthüllungsplattformen in die Medien. Wikileaks war da über viele Jahre lang eine renommierte Anlaufstelle.

 

 

Krise von Wikileaks – Aufgabe für Öffentlich-Rechtliche

 

 

Doch Wikileaks ist in der Krise. Weil Wikileaks-Gründer Julian Assange seine eigene einseitige politische Agenda mit der Enthüllungsplattform verfolgt, wenden sich immer mehr Bürgerrechtsaktivisten und Hacker von ihm und Wikileaks ab. Mit der schwindenden Unterstützung von Enthüllungsplattformen wie Wikileaks wird es auch für Whistleblower immer schwieriger, Dokumente, die Fehlentwicklungen und Skandale belegen, Journalisten zuzuspielen.

 

 

Hier sind Verlage und Rundfunkanstalten gefordert, meinen viele Netzaktivisten. „Der wichtigste Beitrag, den WikiLeaks gebracht hat, war, der journalistischen Zunft zu sagen, dass es wichtig ist, die ursprünglichen Quellen auch zu veröffentlichen und zu verlinken und als Kontext journalistischer Arbeit mitzuliefern“, meint Kurt Jaeger vom Chaos Computer Club Stuttgart.

 

 

Vor allen Dingen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehen die Netzaktivisten hier gefordert. Sie sind zwar in ihrer überragenden Mehrheit Freunde des Öffentlich-rechtlichen Systems.

Aber sie fordern auch: Ihr müsst besser werden.

 

 

Recherchematerial veröffentlichen

 

 

Und dazu gehört nach ihrem Dafürhalten, dass Enthüllungsplattformen für Whistleblower bereitgestellt werden. Dafür müssen Funkhäuser nicht nur für eine geeignete Infrastruktur im Netz sorgen, sondern auch die durch Wikileaks mit verursachten journalistischen Veränderungen bei Recherche und Produktion von Beiträgen berücksichtigen. „Das umfasst vor allen Dingen die Aufarbeitung und Veröffentlichung geleakter Dokumente“, meint Kurt Jäger.

 

 

Das stellt neue Anforderungen an Journalisten. Sie sollen das Material offenlegen, auf dem ihre Berichte aufbauen – selbstverständlich unter Wahrung des Quellen- und Informationsschutzes. Der Leser, Hörer oder Zuschauer will zunehmend überprüfen können, auf welcher Grundlage ein Bericht entstanden ist und wie sorgfältig recherchiert wurde.

 

 

Sie müssen dazu aus den ihnen zugespielten Dokumenten alle sogenannten Metadaten entfernen, die einen Hinweis enthalten, woher ein Dokument stammt. Danach muss das gesamte Material daraufhin durchgeschaut werden, ob es Klarnamen von Personen enthält, die durch eine Veröffentlichung gefährdet werden könnten. Auch diese Namen müssen entfernt werden. In einem dritten Schritt sollen diese Quelldokumente dann online gestellt werden – parallel zur Veröffentlichung des eigentlichen journalistischen Beitrags. Das ist ein aufwändiger Prozess.

 

 

Doch für diese neue Anforderung muss eine Finanzquelle gefunden werden. Der Haushaltsbeitrag wäre dafür ausgesprochen geeignet, finden viele Netzaktivisten. Die Diskussion darüber ist wesentlich intensiver geworden. Inzwischen wollen auch Medienpolitiker fast aller Fraktionen des Deutschen Bundestages das Thema stärker in die rundfunkpolitische Diskussion bringen.

 

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