Verhindert die Deutsche Telekom AG so kritische Berichterstattung?

Seit Mittwoch ist das Korrespondentenstudio/Autorenstudio in Stuttgart ohne Telekommunikationsanschluss. Wir können einstweilen kein Radio mehr machen, nicht mehr senden. Der Grund: Bei der Rückverlegung des Hörfunkstudios von der Senefelder Straße in die Lange Straße hat die Deutsche Telekom „vergessen“, unseren ISDN-Anschluss für die Studiotechnik mit umziehen zu lassen.

 

 

Im Mai 2018 war die Auslagerung des Hörfunkstudios notwendig geworden, weil eine Baustelle im Hospitalviertel direkt vor unserem Studiofenster mit ihren Hydraulikmeißeln mit bis zu 128 Dezibel vor sich hin lärmte. Bereits bei der Auslagerung er Hörfunktechnik ließ ich mir von der Deutschen Telekom AG versichern, dass unser ISDN-Anschluss nach ungefähr einem Jahr auch wieder zurückziehen kann.

 

 

Im Juli 2019 beauftragte ich den Rückzug der beiden Anschlüsse 0711/22215172 (Büro, bereits IP-umgestellt) und 0711/253***** (Studiotechnik, ISDN) für den 18. September 2019. Mir wurde seitens des Umzugsservice der Deutschen Telekom AG abermals zugesagt, dass auch die Rückverlagerung des ISDN-Abschlusses kein Problem sei. Mit Datum vom 3. August 2019 schickte mir die Telekom eine Auftragsbestätigung für den Umzug, allerdings nur für den Anschluss 0711/22215172.

 

Ich meldete mich beim Umzugsservice am 12. August 2019 und monierte das, wies darauf hin, dass auch der ISDN-Anschluss umziehen solle. Die Mitarbeiterin des Umzugsservice sagte das zu, und sie sagte mir, da sei ein Lapsus passiert. Ich solle mir keine Sorgen machen. Sie würde sich um den ISN-Anschluss kümmern.

 

 

Am 11. September 2019 erkundigte ich mich noch einmal beim Umzugsservice der Deutschen Telekom AG, ob auch alles in Ordnung sei (mit beiden Anschlüssen)  und der Techniker möglichst um 14:00 Uhr im Studio Lange Straße sein könne. Das wurde mir zugesagt.

 

 

Am 18. September meldete sich der Telekom-Techniker telefonisch nach 14:00 Uhr, kündigte sein Erscheinen für 15:00 Uhr an und war pünktlich. Er ermittelte zunächst, ob die entsprechenden Messwerte anlagen, installierte dann den Router für das Büro und die NTBA für den Studioanschluss und teilte einem Technik-Kollegen, der vor Ort war, und mir mit, die Rufnummern seien geschaltet, die Messwerte in Ordnung.

 

 

Wir installierten an dem Tag die Studiotechnik. Am darauffolgenden Donnerstag wollte ich für ein Kollegengespräch eine Leitung mit unserem AVT-Anschaltgerät im Dialog4-Modus (Musiktaxi) aufbauen. Das Gerät meldete, dass keine Leitung verfügbar sei. Das wertete ich als Störung, die vermutlich rasch behoben werden konnte. Was dann passierte, kann man nur als vollkommen abenteuerlich bezeichnen, und es hat mich wirklich fassungslos gemacht.

 

 

Gegen 10:00 Uhr reihte ich mich für 23 Minuten in die Warteschlange der 08003301000 ein und schilderte dem Telekom-Mitarbeiter das Problem. Der brauchte eine gute Viertelstunde, um nachvollziehen zu können, was denn jetzt mit welchem Anschluss los sei. Unter einer Kundennummer werden nämlich die Anschlüsse für das Stuttgarter Korrespondentenstudio und das norddeutsche Autorenstudio verwaltet.

Da läuft bei der Telekom ganz oft ganz viel dann völlig durcheinander. Mit anderen Worten: Die Telekom war in der Vergangenheit mit der Verwaltung von vier Anschlüssen unter einer Kundenummer sehr oft überfordert.

 

 

Schließlich war dem Kollegen die Sachlage klar und er wollte mich in eine Fachabteilung verbinden: Ergebnis: die Leitung war weg. Noch einmal die 08003301000 gewählt, 17 Minuten Warteschleife, dann war ich mit einer Kollegin der Hotline im Geschäft. Die brauchte ebenfalls gut 20 Minuten, um das Problem nachvollziehen zu können und teilte mir mit, in ein bis zwei Wochen könne der ISDN-Anschluss nachträglich umziehen.

 

Sie musste noch eine Erkundigung bei ihrem Chef einholen, um einen genaueren Termin vereinbaren zu können. Sechs Minuten Warteschleife. Dann meldete sich die Mitarbeiterin wieder, teilt mir mit, es gebe da ein Problem, sie müsse mich mit dem Umzugsservice verbinden. Zack, die Leitung war wieder weg.

 

 

Erneut also die inzwischen auswendig gelernte 08003301000 angerufen, 35 Minuten Wartezeit. Die Kollegin im First-Level-Support hatte die Sachlage nach zehn Minuten drauf, teilte mir mit, ISDN könne nicht mehr umziehen. Das sei im System so vorgesehen. Diesen Sachstand diskutierten wir gut fünf Minuten, dann brach die Verbindung ab.

 

 

Von der 08003301000 hatte ich jetzt genug und ging über die Bonner Zentrale der Telekom. Dort verband man mich direkt mit dem Mitarbeiter der Beschwerdestelle. Der hatte die – für Telekom-Verhältnisse komplexe – Sachlage nach gut 20 Minuten drauf und versprach in wenigen Minuten zurückzurufen. Daraus wurde nichts.

 

So wurde ich 90 Minuten später noch einmal in der Bonner Telekom-Zentrale vorstellig. Wieder wurde ich in die Beschwerdestelle durchgestellt. Die Mitarbeiterin dort war äußerst schnell, nach fünf Minuten war klar, worum es ging.

 

Vor ihr bekam ich drei Auskünfte. Der Umzug eines ISDN-Anschlusses sei nur in zuvor genehmigten Fällen noch möglich. In meinem Fall würde ich wohl keine Genehmigung kriegen. Es fiel die Bemerkung: Augen auf bei der Berufswahl. Sie könne mir als einzige Option einen IP-Anschluss anbieten, der in vier Tage geschaltet werden könne.

 

 

Ich entgegnete, dass das mein Problem nicht löse. Denn der ISDN-Anschluss sei ja von heute auf morgen trotz anderslautender Zusagen und Technikerbesuch vor Ort nicht mehr verfügbar gewesen. Sie erwiderte, das sei in meinem Fall eben schwierig, so als Kritiker der IP-Umstellung. Sie wolle mir aber helfen und biete eben den IP-Anschluss für das Studio an. Sie würde sich erkundigen, ob über die im Speedport verfügbare ISDN-Schnittstelle mein AVT-Anschaltgerät nicht doch betrieben werden könne.

 

Es kam zu mehreren Weiterschalten und jeweils längerer Wartezeit. Dann stellte heraus, dass diese Frage niemand von der Deutschen Telekom beantworten könne.

 

Vorsichtshalber rate sie mir aber zur Bestellung dieses IP-Anschlusses. Sie würde auch ihren besten Techniker schicken, der dann am Mittwoch kommender Woche vor Ort testen werde, ob das AVT-Gerät über die ISDN-Schnittstelle des Speedport betrieben werden könne. Ich stimmte schweren Herzens zu, war aber nicht gerade erfreut.

 

 

Deshalb meldete ich mich in der Pressestelle der Telekom und bat um Stellungnahme zu genau diesem Gesamtablauf. Der Pressestellenmitarbeiter nahm den Ablauf sorgfältig auf und meinte auf meine Anmerkung hin, ich würde mich durch diese Ereignisse in meiner journalistischen Arbeit schwer behindert fühlen, er wisse nichts von einer schwarzen Liste mit Journalistenamen. Immerhin reichte er meine Bitte um Stellungnahme an eine Fachabteilung weiter.

 

 

Bei Nennung der schwarzen Liste klingelte es bei mir. Denn genau diesen Ausdruck hatte ich am 22. August 2019 von einer Mitarbeiterin der Störungsstelle der Telekom gehört, als ich eine Störung eines der Anschlüsse in unserem ostfriesischen Autorenstudios melden wollte. (Mittlerweile sind wir da zur EWE-Tel gewechselt, die Glasfaser im Angebot hat.) Die Dame in der Telekom-Störungsstelle würgte meine Störungsmeldung nämlich mit den Worten ab, ihre Liste sage, dass sie eine Störungsmeldung von mir besser nicht annehme.

 

 

Für die Beseitigung dieser Störung, die ihre Ursache in der Vermittlungsstelle hatte,  benötigte die Telekom dann zwei Wochen. Das ist eine lange Zeit.

 

Deshalb fragte ich auch bei der Pressestelle der Telekom nach, was es mit dieser ominösen Liste auf sich habe, die mir da genannt wurde. Denn ich hatte zuvor im Deutschlandfunk und auf heute.de über die massiven Probleme bei der IP-Umstellung der Deutsche Telekom AG berichtet.

 

Diese Berichte erregten nicht gerade das Wohlgefallen des Telekom-Managements. Die Pressestelle wollte Erkundigen einziehen zu dieser Frage, meldete sich dann aber nicht mehr.

 

Nach der gestrigen gut neun Stunden in Anspruch nehmenden Auseinandersetzung mit mindestens 14 Mitarbeitern der Telekom, zusammenbrechenden Leitungen und teilweise seltsamen klingenden Auskünften zum „vergessenen“ ISDN-Anschluss wurde ich äußerst skeptisch.

 

Ich fragte also einen Insider (nach mehr als 35 Berufsjahren kennt man da so den einen oder anderen), was es denn mit diesem seltsamen Vorgang um den beim Umzug zunächst vergessenen und jetzt plötzlich nicht mehr realisierbarem ISDN-Anschluss auf sich habe.

 

 

Dieser Insider verwies auf meine letzten Berichte über zu erwartende Änderungen am Telekommunikationsgesetz. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen, Katharina Dröge, hatte mit Bezug auf meinen Beitrag die schriftliche Frage Nr. 283 an die Bundesregierung gestellt und wollte wissen, wie viele Haushalte nach Kenntnis der Bundesregierung ihren Zugang zum Internet verloren hätten, weil die Deutsche Telekom AG im ländlichen Raum ISDN-Netze abgeschaltete hatte.

 

Weiterhin wollte Frau Dröge wissen, welche Maßnahmen die Bundesregierung denn nun ergreife, um Haushalte wieder mit funktionieren Internet-Anschlüssen zu versorgen.

 

 

 

Die dilettantische Antwort des im zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie tätigen Staatssekretärs Dr. Ulrich Nußbaum vom 26. August 2019 offenbarte die völlige Ahnungslosigkeit und Planlosigkeit der Bundesregierung. Das führte zu politischen Diskussionen über eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes, um diesen Haushalten, vor allen Dingen im ländlichen Raum, wieder zu funktionierenden Internet-Anschlüssen zu verhelfen. Zu erbringen hätte dies die Deutsche Telekom AG.

 

Dort war man natürlich über diese Diskussion und meine erneute Berichterstattung darüber im Deutschlandfunk und auf heute.de nicht gerade erfreut.

 

 

Mein Informant und Insider äußerte die Meinung, durch das „Vergessen“ und die danach erfolgte Annullierung des ISDN-Anschlusses wolle die Leitungsebene der Telekom vermutlich eine unerfreuliche Radioberichterstattung zumindest in den zwei bis drei Wochen, in denen nach Tagung der Bundesnetzagentur auch noch weitere Beratung zu dieser Frage anberaumt sind, verhindern.

 

 

Ich bin der in der Bewertung dieser Vorkommnisse etwas zerrissen, muss ich gestehen. Als ich diese Einschätzung zum ersten Mal hörte, hielt ich sie für etwas Aluhut-mäßig.

 

Doch die Erwähnung von Listen missliebiger Journalisten, die ich bisher nicht verifizieren konnte, der gesamte Ablauf der Ereignisse mit ständig Verbindungsabbrüchen während der vom Festnetz geführten Gespräche mit der Störungshotline, dem Umzugsservice, diversen Fachabteilungen und der Beschwerdestelle der Telekom und die zunächst erfolgten Zusagen, die Bestätigung des Telekom-Technikers vor Ort, der den Anschluss nach Installation und Durchmessung der NTBA für sendebereit erklärte, lassen mich äußerst skeptisch werden.

 

 

Ich erwarte vom Vorstand der Deutschen Telekom AG eine klare Stellungnahme zu diesen Ereignissen, zu den dahinterliegenden Ursachen und zu der ISDN-Abschaltung in diesem Fall von jetzt auf gleich ohne Vorwarnung, aber unter Vorspiegelung der falschen Tatsache, dieser ISDN-Abschluss für die Studiotechnik würde funktionieren.

 

 

Mag sein, dass da eine missglückte Äußerung einer Mitarbeiterin zu einer zweiten missglückten Äußerung eines Mitarbeiters kam, noch Versäumnisse beim Einstellen des Umzugsauftrages ins System hinzukamen, dann noch Nachlässigkeiten bei der Überprüfung und falsche Auskünfte bei der Nachfrage passiert sind, dass ein vielleicht wenig kompetenter Techniker mit offensichtlich falschen – und erklärungsbedürftigen - Auskünften bei der Installation vor Ort für den Rest an Chaos gesorgt hat und sich das alles aufaddiert hat. Das wäre allerdings schon ungewöhnlich.

 

 

Ich kann also nicht ausschließen, dass die Deutsche Telekom hier nach bisher erfolgter wenig schmeichelhafter Berichterstattung über die IP-Umstellung weitere kritische Berichterstattung in einer wichtigen Zeitperiode der Diskussion über Änderungen des Telekommunikationsgesetzes verhindern will.

 

Der Ball liegt beim Vorstand der Deutschen Telekom AG. Er muss aufklären. Wir warten darauf und sind gespannt. Zwichenzeitlich arbeiten viele KollegINNen an einer Lösung, damit das Autorenstudio in Stuttgart bald wieder sendebereit ist. Vor allen Dingen den KollegINNen des Deutschlandfunks sei an dieser Stelle herzlich für die aktive Unterstützung gedankt.

 

Diesen Text habe ich als Brief auch an den Vorstand der Telekom geschickt.

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Kommentare: 3
  • #1

    Renate Butke (Samstag, 21 September 2019 09:41)

    Sehr geehrter Herr Welchering!

    Mein Kompliment zu Ihrem Durchhaltevermögen!!!!

    Und danke!!!

  • #2

    Reppenhagen (Donnerstag, 26 September 2019 11:07)

    meine Kommentare stets bei TWITTER

  • #3

    Ron (Montag, 30 September 2019 00:50)

    Ständig diese fundiert krtischen Berichte im Deutschland will mancher nicht mehr hören. Warum erzählen Sie nicht lieber etwas was man hören mag? Zum Beispiel über das neue iPhone. Das interessiert die breite Masse. Immer diese unnötige Miesmacherei!1

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