4. Kapitel

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Diese Analysesoftware wollte Wagmann nun starten, sobald er im Büro abgekommen war. „vorher noch ein Tässchen Kaffee“, versprach er sich selber eine Belohnung fürs frühe Aufstehen. Doch dazu kam es nicht.

 

Als Wagmann nämlich den Übertragungswagen in die Garage gefahren hatte und das Garagentor gerade verschließen wollte, fiel ihm ein seltsamer Schatten direkt neben der Garage ganz am Rande Parkplatzes auf. „Wer hat denn da wieder seinen Müll abgelegt“, fragte er sich, drückte auf die Fernbedienung fürs Tor und hörte ein komisches Geräusch. Das Garagentor war es nicht. Es klang vielmehr, na, nach einem menschlichen Stöhnen. „Frühes Aufstehen schadet der geistigen Gesundheit“, unkte Wagmann und ging zielstrebig auf die Eingangstür des Business Center zu.

 

Doch kaum an der Tür angekommen, lief er den ganzen Weg zur Garage wieder zurück. Er hatte ein ganz komisches Gefühl und wollte zumindest noch einmal genau nachsehen. Neben dem Garagentrakt blieb er abrupt stehen. „Mich laust der Affe“, murmelte er halblaut vor sich hin. Direkt vor ihm lag offenbar ein Mensch auf der betonierten Abstellfläche, direkt neben dem Garagentrakt.

 

Nein, nicht einfach ein Mensch lag da, wie Peer Wagmann feststellte, als er sich über den Körper beugte. Da lag der Bauamtsleiter von Neckarstadt, stöhnte leise vor sich hin, und aus seinem Bauch stakte so eine komische Stange, genau genommen eine Harpune. Aber das sollte Wagmann erst später erfahren. „Herr Mitsch, so früh vor Dienstbeginn schon unterwegs“, frotzelte Wagmann. Ein Stöhnen war die Antwort, und Wagmann fand seine Ansprache an Alexander Mitsch, den Baumtsleiter von Neckarstadt, dann auch irgendwie unpassend.

 

Er griff nach seinem Handy und wählte die Notrufnummer. Dreimal, viermal ging der Ruf durch. Dann meldete sich endlich das Fräulein vom Amt. „Einsatzzentrale der Polizei von Neckarstadt. Wir verbinden Sie. Legen Sie nicht auf. We try to connect you“. Nach der dritten Ansage grollte Wagmann: „Wäre nett, wenn das heute noch ginge.“

 

„Hauptmeischder Krauss, was isch denn los“, meldete sich, unterlegt von leichten Kaugeräuschen der Arm des Gesetzes. Wagmann schilderte, was er auf dem Parkplatz neben dem Business Center vorgefunden hatte. „Bloibet Se do! Machet Se nix! Fasset Se nix oo“, beschied ihm Polizeihauptmeister Krauss, der Unglücksrabe vom Dienst im Polizeirevier Neckarstadt, und beendete das Telefonat mit einem aufmunternden: „Mir kümmeret ons“.

 

„Na, dann kann es ja nur schief gehen“, sagt sich Peer Wagmann, der dem guten Hauptmeister Krauss eigentlich überaus dankbar sein musste. Denn der belieferte ihn unentwegt und ungefragt mit herrlich skurrilen Geschichten, wie sie nur der öffentliche Dienst schreiben kann. „Lass Deinen Hauptmeister Krauss außen vor“, hatte ihn sein Freund Theo Maunz gewarnt, als er ihm den Auftrag für die Drehbuchstaffel von „Kommissar Krümmel ermittelt“ verschafft hatte. „Wir wollen Polizeiarbeit spannend vermitteln und keinen Oliver Hardy im schwäbischen Polizeidienst zeigen“. Die Ansage war klar, aber so ganz konnte sich Peer Wagmann dem eigentümlichen Witz des grotesken Polizeialltags in Neckarstadt nicht entziehen.

 

Die Metallstange im Bauch von Alexander Mitsch wirkte irgendwie unpassend, fand Wagmann. Aber herausziehen wäre sicherlich auch fatal gewesen. Und so überlegte er, wie er dem offenbar schwer verletzten Bauamtsleiter von Neckarstadt am besten helfen konnte. Sonderlich erfolgreich war diese frühe Denkübung nicht. Umso erleichterter war er, als er ein Martinshorn gellen hörte und die blauen Lichtreflexe der Einsatzleuchten sah.

 

Als erster schoss sein Lieblingspolizist Krauss aus dem Polizei-Passat, gleich hinter ihm wuchtete sich sein Stan Laurel ähnelnder Kollegen Fritz Reblein vom Fahrersitz.

 

Die beiden fackelten nicht lange, streckte ihre Arme in unnatürlicher Haltung vom Körper weg und riefen, sozusagen als Duo fatale auftretend: „Waffen weg, stehen bleiben, auf den Boden legen. Hier spricht die Polizei. Oder wir schießen!“

 

„Seid ihr sauer, weil euch die Mami mal wieder das gleiche heute angezogen hat“, wollte Wagmann witzeln, verstummte aber augenblicklich, als ihm Polizeimeister Erwin Krauss eben nicht nur sprichwörtlich die Pistole auf die Brust setzte und rief: „Sie san feschtgnomme“!“

 

Inzwischen war auch Polizeioberkommissar Michael Gedol am Ort des Geschehens eingetroffen, sah den am Boden liegenden Bauamtsleiter und wies Reblein und Krauss mit knappen Worten an: „Rufen Sie einen Rettungswagen!“. Während die beiden noch darüber stritten, an wem nun diese ungeliebte Aufgabe hängen bleiben würde, ging Gedol auf den Bauamtsleiter zu, hockte sich nieder und fühlte Mitsch den Puls. „Lebt noch“, sagt er zu dem links von ihm stehenden Wagmann und fragte gleich weiter: „Was ist denn passiert?“ – „Keine Ahnung“, erwiderte Wagmann, „Ich hab den hier so gefunden!“ – So, so“, meinte daraufhin Gedol, „und das soll ich Ihnen glauben? Für Sie ist Verwaltung doch immer ein rotes Tuch. Halten Sie sich zu unserer Verfügung". – „Das ist nicht nur schlechtes Deutsch, sondern auch kompletter Unfug“, antwortete Wagmann. „Ist mir egal“, meinte Gedol.

 

Weder Gedol noch Wagmann wussten so recht, was sie mit dem am Boden liegenden Mitsch anfangen sollten. „Müssen wir ihn nicht in die stabile Seitenlage bringen“, schlug Wagmann vor. „Sie bringen hier niemanden in eine Lage, und Sie fassen hier auch nichts an. Das ist ein Tatort“, blaffte der Polizeioberkommissar den Journalisten an. „Spielen wir halt Beamten-Mikado“, entgegnete Wagmann scheinbar ungerührt, kochte aber innerlich vor Zorn und hätte diese unfähige Beamten-Brut am liebsten vom Parkplatz geschmissen. Doch er wusste, dass Gedol mit seinem Dick-und-Doof-Gespann in Uniform hier einfach die besseren Karten besaß.

 

Als er gerade überlegte, welche Unfreundlichkeit er dieser verbeamteten Mischung aus Inkompetenz und Ignoranz an den Kopf werfen könnte, bog auch schon der Rettungswagen der Feuerwehr auf den Parkplatz ein. Gleichzeitig hörte er direkt über sich ein deutliches und lautes Geknatter. Die Besatzung von Christoph 51 suchte einen Landeplatz. Wagmann sah, dass er hier nicht mehr gebraucht wurde, kramte den Zugangstoken für die Eingangstür des Business Center aus der Sakko-Tasche und ging in sein Büro.

Mail-Mord in Neckarstadt - 4. Kapitel
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